Vereinbarkeit personaler Identität und philosophischer Unsterblichkeit
Felicitas Holzer
Affiliation: University of Buenos Aires
Keywords: philosophische Unsterblichkeit, Verlust der Identitätswahrung, Seele als Substanz, Unsterblichkeit der Seele
Categories: Humanities, Social Sciences and Law
DOI: 10.17160/josha.1.1.9
Languages: German
Dass der Körper den Tod nicht überlebt, scheint ersichtlich, da der Leichnam eines Verstorbenen nicht mehr mit dem verschiedenen Menschen gleichgesetzt wird. In der griechisch-antiken Tradition verbleibt die „Seele“ (psychê) als „Geist“, „Selbst“ oder „Ich“ des Menschen, welche den körperlichen Tod überleben. Dass diese These in der philosophischen Tradition allerdings nicht kritik- los hingenommen wird, zeigt bereits die jüdisch-christliche Lehre der leiblichen Auferstehung: Die Auferweckung der Körper der Toten durch Gott bedarf formallogisch keineswegs der Seele als unsterblicher Substanz. Auch die phänomenologische Betonung der Leiblichkeit des Menschen so- wie der aristotelische Hylemorphismus, der das Wesen des Menschen in der Zusammensetzung aus Form und Materie sieht, weichen von der traditionellen Lehre Platons (und vom später folgenden Dualismus bei Descartes) deutlich ab. In den beiden Teilen der Arbeit findet der Leser allein durch die Auflistung der einzelnen Positionen keine befriedigende Antwort auf die erste Ausgangsfrage, was das „Selbst“, das „Ich“ des Menschen überhaupt ausmacht. Die Klärung der Frage ist allerdings not- wendig, wenn die philosophische Unsterblichkeit ohne Verlust der Identitätswahrung einer Person einhergehen soll. Auf das „Selbst“ des Menschen wird in den einzelnen Theorien sehr unterschiedlich eingegangen: Von Schelling, der in seinem Dialog „Clara“ zum einen die Annahme der Seele als Substanz vertritt, die den Menschen mehr oder weniger konstituiert, und zum anderen den Menschen als Komposition aus einem dynamischen Umtrieb zwischen Seele, Geist und Leib sieht – über Stump, welche den Menschen thomistisch als Konfiguration aus „Materia prima“ und Form der Seele interpretiert – über die sehr physikalistisch-monistisch geprägte Position von van Inwagen bis hin zur platonisch- cartesischen Tradition des Dualismus, der die Seele und gerade nicht den Körper mit dem Wesen einer Person identifiziert. Doch all diese Theorien haben etwas gemeinsam: Sie sind (in gewissermaßen einfacher oder schwerer) mit einer Unsterblichkeitslehre des Menschen vereinbar – sei es die materiell-körperliche Wiederauferstehung und das ewige Leben oder die rein geistige Unsterblichkeit der Seele, die aus dem Körper befreit wird. Die Unsterblichkeitstheorie muss nur jeweils in eine anthropologische Sichtweise eingebettet werden. Allerdings folgt aus den Theorien keineswegs ein notwendiges Weiterleben nach dem Tode. Es müssen entweder göttliche Wunder in Betracht gezogen werden oder die Unsterblichkeitsargumente weisen selbst Ungereimtheiten auf bzw. liefern kein Argument, warum der ganze Mensch nur als reine Seele ewig bestehen sollte. Selbst dem starken Argument im „Phaidon“ (die Unzerstörbarkeit der Seele aufgrund ihrer Ein- fachheit und die Einfachheit aufgrund des ordnenden und einheitsstiftenden Moments der Physis) wird mit der These Kants, dass die Seele zwar in der Einheit unzerstörbar ist, in ihrer Intensität aber abnehmen kann, eine Gegenposition geboten72. Ich schließe mich dem Königsberger Philosophen des Weiteren darin an, dass die Unsterblichkeit der Seele immer nur Postulat sein kann – zwar ein mittels der praktischen Vernunft erkennbares, aber metaphysisches und daher nie theoretisch ableitbares.
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Greta paper!
Sorry, great paper!