„Rolle rückwärts“ – Zur Rücknahme des Rufs in einem Berufungsverfahren
Frank Wertheimer
Affiliation: Krauss Law, Lahr, Germany
Keywords: Berufungsverfahren, Berufungskommission, Fehlberufung, Auswahlprozess, Universität, Hochschulmedizin
Categories: Humanities, Social Sciences and Law
DOI: 10.17160/josha.2.4.44
Languages: German
Die richtige Auswahlentscheidung in einem Berufungsverfahren hat für eine Universität große Bedeutung. Misslingt der Auswahlprozess, werden nicht nur die mit der Neubesetzung einer Professur verbundenen strukturellen Überlegungen rasch zu Makulatur, nicht selten handelt sich die Hochschule auch personelle Probleme ein, die zeitraubend und ressourcenvernichtend sind. Im Bereich der Hochschulmedizin, in der mit der Vertretung eines Fachs in Forschung und Lehre auch Aufgaben in der Krankenversorgung verbunden sind, kann im Falle einer Fehlbesetzung ein erheblicher finanzieller Schaden hinzukommen. Im Verlaufe eines Berufungsverfahrens bestehen für die universitären Entscheidungsträger unterschiedliche Möglichkeiten, sich über die Kompetenz der Bewerber um die ausgeschriebene Professur ein Bild zu machen. So lassen die eingereichten Unterlagen zu Publikationen, erbrachten Lehrleistungen, eingeworbenen Drittmitteln, Vorträgen bis hin zu wahrgenommenen Funktionen in der scientific community eine Einschätzung der wissenschaftlichen Reputation zu. Weiterer Aufschluss ergibt sich aus den Probevorträgen und den danach häufig mit den Bewerbern geführten Gesprächen im Kreise der Berufungskommission. Eingeholte auswärtige Gutachten führen im Regelfall zur Weichenstellung für die Erstellung der Berufungsliste und damit zur Entscheidung, wem der Ruf erteilt wird. Es können dann im Zuge der sich anschließenden Berufungsverhandlungen, in denen die sächliche, räumliche und investive Ausstattung der Professur sowie ferner die persönlichen Rahmenbedingungen des Dienstverhältnisses – im Bereich der Hochschulmedizin auch ein Chefarztvertrag – verhandelt werden, Zweifel aufkommen, ob sich die gesteckten Ziele mit dem Rufadressaten verwirklichen lassen. Das gilt vice versa. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob, unter welchen Voraussetzungen und bis zu welchem Stadium eines Berufungsverfahrens eine Universität den einmal erteilten Ruf wieder zurücknehmen kann. Im Hinblick auf die eingangs beschriebenen Folgen einer „Fehlberufung“ hat sie erhebliche praktische Bedeutung. This paper has been previously published in "Ordnung der Wissenschaft 2015, ISSN 2197-9197".